Getrennte Entwicklung in Schaumburg nach 1647 - Grafschaft Schaumburg hessischen Anteils

von F. Schüler, 1807
Seit 1667 begannen die Hessen mit ihrer merkantilistischen Peuplierungspolitik, die sich bis ins 18. Jahrhundert fortsetzte. Unterstützt von der landgräflichen Regierung, entstanden das heutige Hessendorf, die Bergarbeitersiedlung Liekwegen oder die Kolonien Friedrichsburg, Friedrichswald, Friedrichshöhe und Friedrichshagen. Saline und Gesundbrunnen in Rodenberg wurden großzügig gefördert, ehe der Landgraf Wilhelm IX. 1787 in Nenndorf bei den Schwefelquellen ein Badehaus errichtete. In Bachtälern wie Exten, Rolfshagen, Bernsen oder Krückeberg wurden vorindustrielle Eisenhämmer angelegt, die beachtliche Mengen an Messern und anderen Eisenwaren produzierten. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte sich auch die Glasfabrikation zu einer blühenden Industrie: Die Glashütte "Schauenstein" (Heye) nahm ihren Fabrikbetrieb auf; bald gesellten sich die "Neuhütte" und "Hermannshütte" (Stoevesandt) hinzu; Korbmacher verdienten als Zulieferer in Heimarbeit ihr Brot. Die Sandsteinbrüche und Kohlenbergbauwerke nahmen einen neuen Aufschwung. Die Leinenweberei steigerte ihre Produktion unter industriellen Bedingungen. Tabakfabriken, Ziegeleien und Brennereien kamen hinzu. Doch Bergbau und Glasindustrie mit Zentrum in Obernkirchen wurden zur Leitindustrie in einer ansonsten nach wie vor landwirtschaftlich geprägten Umgebung.
Mit der stürmischen Entwicklung der Industrie hielt der Straßenbau nicht mit; auf einen Eisenbahnanschluss musste man einige Jahrzehnte (Hildesheim-Löhne 1875; Rinteln-Stadthagen 1900; Hameln-Haste 1904; Extertalbahn 1929) warten. Trotz wirtschaftlicher Not und politischer Reaktion blieben die Schaumburger 1831 und 1848 besonnen bis kühl; viele junge Leute suchten jedoch ihr Heil in der Auswanderung, die in den 50er Jahren ihren Höhepunkt erreichte. Wohl nicht zu Unrecht fühlte sich die hessische Exklave Grafschaft Schaumburg - aufs Ganze gesehen - von der Zentrale in Kassel eher vernachlässigt.